Sie kam vor einiger Zeit zu mir, weil sie ihre Harmoniesucht, ihr Zu-freundlich-Sein überdenken wollte. Es ging ihr nicht nur um ein neues Verhalten, sie wollte verstehen. „Wieso stecke ich seit meiner Kindheit so bereitwillig zurück? Wenn ich über mich selbst spreche, werde ich rot, meine Stimme zittert und mein Herz springt mir fast aus der Brust.“ Sie wollte „da raus“, und das geht am besten, wenn man sich kennenlernt.
Eines ist klar: Ein Verhalten, das wir seit Jahrzehnten leben, dreht sich nicht nach drei Gesprächen um, aber schon wenige Gespräche machen es möglich, dass ein Mensch sich selbst mehr und mehr versteht. Anne wollte sich endlich selbst Anerkennung geben und das JA sprechen, das sie sich von anderen erhoffte. Viel zu lange hatte sie sich von anderen die Erlaubnis für ihr Verhalten eingeholt. „Ich habe anderen Menschen zu viel Macht eingeräumt und ihnen zugestanden, mein Befinden zu beeinflussen.“ Anne will die Macht zurück. Anne ist nicht irgendeine. Anne ist wir.
Sie ist der Prototyp einer Frau, die vergessen hat, auf sich selbst zu achten und sich selbst auszuleben. Eine Frau, die eine Bluse nicht nur teilt, sondern gleich ganz hergibt. Eine Frau, die wie viele meint, nicht Nein sagen zu können; Verständnis aufbringt, Nachsicht übt; Hilfsbereitschaft lebt. Und die solange hin und her überlegt, ob sie wirklich die Richtige dafür ist, bis ein anderer ihr den Job wegschnappt, den sie eigentlich so gerne haben wollte.
Ich erinnere mich jetzt an Anne, wie ich das Buch in den Händen halte. Es war schön mit ihr. Und es ist geglückt!